Die Sicherung der Pflege stellt eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit dar. Besonders Angehörige, die sich in Pflege- und Sorgeverantwortung befinden, benötigen dringend Unterstützung. Etwa 83 Prozent der Pflegebedürftigen werden im Landkreis Ludwigsburg zu Hause versorgt, in etwa 17,5 Prozent der Fälle wird der Pflegebedürftige zusätzlich durch einen ambulanten Dienst versorgt. „Pflegende Angehörige sind häufig überlastet und kommen oft an ihre körperlichen und psychischen Grenzen“, sagte Silke Reich, Leiterin des Geschäftsteils Seniorenarbeit und Pflege des Landratsamts Ludwigsburg.
„Das Projekt PflegeAuszeit bietet genau hier eine Lösung, indem es alternative und flexible Versorgungsmöglichkeiten entwickelt, um planbare Auszeiten von der Pflege zu ermöglichen“, sagte Reich weiter.
Spezifische Bedürfnisse der Betroffenen stehen im Vordergrund
Gemeinsam mit Sozialarbeiter Markus Graf und Gerontologin Teresa Renier setzt Reich das Projekt in Kornwestheim um. Im Rahmen des Projekts werden individuelle Kurzzeitpflegemodelle entwickelt, die sich an den spezifischen Bedürfnissen der Betroffenen orientieren. Hierbei spielt der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses eine wesentliche Rolle, um Angehörige zu ermutigen, diese Angebote in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus wird auf die Bedeutung von Informations- und Unterstützungsangeboten hingewiesen. Pflegende Angehörige erhalten Zugang zu digitalen und analogen Plattformen, die Beratung, Schulung und Austausch ermöglichen und so ihre Handlungskompetenz stärken.
Ein weiteres zentrales Anliegen des Projekts ist die Schaffung von Begegnungsräumen, sowohl im Quartier als auch digital, um das Thema Pflegeauszeiten stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken. Dies soll das Entstehen einer sorgenden Gemeinschaft fördern, die pflegende Angehörige aktiv unterstützt.
PflegeAuszeit folgt dem Grundgedanken der Ambulantisierung und fördert das Konzept des Empowerments (Selbstermächtigung) pflegender Angehöriger. Auch die wissenschaftliche Begleitung des Projekts spiele eine zentrale Rolle, um die Ergebnisse fundiert dokumentieren und weiterentwickeln zu können, erklärte Reich.
Erste Umsetzungsschritte des Projekts PflegeAuszeit sind erfolgt
Das Projekt baut auf den Erfahrungen des Vorgängerprojekts PflegeFrei auf, das ebenfalls über das Innovationsprogramm Pflege des Landes Baden-Württemberg gefördert wurde. PflegeFrei wurde im letzten Jahr abgeschlossen mit einer positiven Resonanz der beteiligten pflegenden Angehörigen, die von den neuen Versorgungsmodellen profitieren. Die Herausforderungen, insbesondere in der Organisation und Planung der häuslichen Kurzzeitpflege, sollen nun im weiteren Projektverlauf gelöst werden.
Das Modellprojekt „Pflege Auszeit“ läuft bis Februar 2027 und wird durch die Evangelische Hochschule Ludwigsburg wissenschaftlich ausgewertet. Im zweiten Jahr des Projekts sollen die laufenden Prozesse regelmäßig überprüft und angepasst werden.