Herr Reichert, was verbirgt sich hinter der Aktion „KLIMAfit“?
„KLIMAfit“ ist ein Projekt, in dem Unternehmen lernen, ihre eigene Treibhausgas-Bilanz zu erstellen. Dabei werden sie von Experten einer Beratungsagentur angeleitet. Diese Bilanz hilft den Unternehmen zu erkennen, wo sie besonders viele klimaschädliche Emissionen verursachen. Mit diesem Wissen lassen sich Emissionen und auch Kosten einfacher reduzieren, da Schwachstellen erkannt und gezielte Gegenmaßnahmen entwickelt werden können.
Das Besondere an „KLIMAfit“ ist, dass die Unternehmen nicht nur von Beratern betreut werden, sondern auch Teil einer Gruppe von Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind, die aus unterschiedlichen Branchen aus derselben Region kommen. Weil der Austausch untereinander hier einen weiteren Mehrwert bietet, sprechen wir von einem Netzwerkprojekt. Das Projekt wird vom Landes-Umweltministerium gefördert. Im Landratsamt sind die Wirtschaftsförderung und das Team Klimaschutz Ansprechpartner.
Wie können denn die Maßnahmen aussehen, die die Energieeffizienz der Unternehmen verbessern?
Es geht darum, Emissionen zu vermeiden, und wo nicht möglich, diese zumindest zu reduzieren. Welche Maßnahmen sinnvoll sind, hängt stark von der Art des Unternehmens ab und lässt sich auch aus der Treibhausgas-Bilanz ermitteln. Bei Dienstleistungs-Unternehmen ist es oft der Verbrauch von Strom oder Wärme an den Arbeitsplätzen. Hier kann der Einsatz effizienter Technologien, wie etwa eine LED-Beleuchtung oder Wärmepumpen, ein erster Schritt sein. Darüber hinaus lassen sich die Dächer nutzen, um erneuerbare Energie etwa durch Photovoltaik zu erzeugen oder mit einer Dachbegrünung die Nutzung von Klimaanlagen zu reduzieren.
Bei Transport-Unternehmen oder produzierenden Unternehmen liegen die großen Hebel eher bei Prozessen, die mit Verbrennung zu tun haben oder in denen Prozesswärme oder Kühlung benötigt werden. Fahrzeugflotten sukzessive auf elektrische Antriebe umzustellen, die idealerweise mit grünem Strom betrieben werden, ist ein großer Schritt zur Reduzierung von Emissionen. Die Nutzung von Flusswasser für Kühlprozesse oder die Rückgewinnung von Abwärme sind weitere Möglichkeiten. Die Beispiele aus der Praxis sind hier sehr vielfältig.
Warum lohnt es sich für Unternehmen, ihre Klimabilanz zu verbessern und nachhaltig zu wirtschaften?
Firmen, die ernsthafte Bemühungen anstellen, klimaneutral zu werden, können sich von ihren Wettbewerbern abheben. Endkunden sind für diese Themen zunehmend sensibilisiert, aber auch für Firmenkunden werden emissionsarme Produkte immer interessanter. Schließlich können so auch Endprodukte, wie zum Beispiel Fahrzeuge, in der Summe ihrer zugelieferten Teile ebenfalls emissionsarm werden. Innerhalb mancher Wertschöpfungsketten nimmt der Druck hier bereits zu. Übrigens sind auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunehmend sensibel für diese Aspekte und suchen bewusst Arbeitgeber, die klimaschonende Konzepte verfolgen. Auch ökonomisch gesehen wird es immer wichtiger, Emissionen und fossile Abhängigkeiten zu reduzieren – nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine. Der Preis für fossile Energieträger und damit verbundene Emissionen wird mit den knapper werdenden Ressourcen und CO2-Zertifikaten in den nächsten Jahren ansteigen. Zudem sieht die sogenannte EU-Taxonomie vor, dass Unternehmen mit besonders nachhaltigen Aktivitäten durch bessere Konditionen auf dem Kapitalmarkt belohnt werden. Besonders die größeren Unternehmen fallen hier schon jetzt unter eine Berichtspflicht, deren Bedeutung in den nächsten Jahren noch steigen wird. Sich heute bereits aktiv mit der Bilanzierung und Reduzierung von Emissionen ernsthaft auseinander zu setzen ist also auch finanziell von Vorteil. „KLIMAfit“ ist für viele ein erster Schritt, das Thema systematisch anzugehen.